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23.12.2024

Unser Fest der Freude lässt viele allein

Nicht jeder geniesst Weihnachten. Menschen, die in einer schwierigen Familiensituation sind oder isoliert leben, verstärkt das Fest die Einsamkeit. Die psychosoziale Spitex Plena Vita in Dübendorf kennt diese Abgründe.

Von Fiorella Koch, Zürcher Oberland Medien

Weihnachten ist mehr als das Feiern der Geburt Jesu Christi: Es ist ein Fest der Familie und des Zusammenseins. Doch nicht jeder hat eine intakte Familie oder einen Freundeskreis, mit denen er feiern kann. Und genau das fördert die Einsamkeit vieler Menschen in der sogenannten schönsten Zeit des Jahrs.

Predrag Krsmanovic arbeitet als Pflegefachmann bei der psychosozialen Spitex Plena Vita in Dübendorf. Er weiss, was die Festtage für bestimmte Menschen bedeuten können. «Betroffen sind die Leute, die wenig Anschluss an die Gemeinschaft haben.»

Die Einsamkeit macht sich bei der Spitex im Dezember mit mehr Anmeldungen für die private Anbieterin von psychiatrischer Beratung und Behandlung bemerkbar. Krsmanovic sagt: «Wir stellen ein regelrechtes Hoch am Bedarf an Unterstützung fest.»

Was Angst und Scham bewirken können

Denn Einsamkeit ist ein ernst zu nehmendes Problem. «Sie kann zu einer Zunahme von Suizidgedanken führen und somit das Risiko für Suizidalität erhöhen», erklärt der Pflegefachmann. Es sei ein Risikofaktor, der nicht ausser Acht gelassen werden sollte.

Zudem sei es wichtig zu verstehen, dass Alleinsein und Einsamkeit nicht dasselbe seien. «Obwohl das viele denken», so Krsmanovic. «Wer allein ist, hat niemanden physisch um sich herum. Wer einsam ist, fühlt sich nicht gesehen oder nicht dazugehörig.» Unabhängig davon, ob man von anderen Menschen umgeben ist oder nicht.

Dieses Missverständnis könne dazu führen, dass Menschen dächten, dass etwas mit ihnen nicht stimme, wenn sie sich in Gemeinschaft einsam fühlten. Dabei sei viel eher die Umgebung dafür verantwortlich, dass sich die Personen nicht gesehen und somit einsam fühlten. «Zudem werden Menschen in unserer Gesellschaft oft schräg angeschaut, wenn sie eine typische Gruppenaktivität allein machen», sagt Krsmanovic.

Und das hat Folgen. «Aus Scham trauen sich einsame Menschen zum Beispiel nicht, allein zu einer öffentlichen Weihnachtsfeier zu gehen», so der Pfleger. «Und aus Angst, verurteilt zu werden, wagen sie nicht, ihre Einsamkeit an den Feiertagen anzusprechen.» Die meisten würden nicht bemitleidet, sondern lieber involviert werden wollen. Die Konsequenz daraus: «Einsame Menschen schotten sich ab, was ihre Einsamkeit oft nur noch verschlimmert.»

Einen Grund für die während der Festtage verbreitete Einsamkeit sieht Krsmanovic auch in der Art, wie wir Weihnachten zelebrieren. «Typischerweise feiern wir in der Schweiz in einem geschlossenen, engen Familienkreis. Dieser Kreis ist oft beinahe intim.» Das mache es isolierten Menschen schwerer, Leute zum Feiern zu finden.

Planen, planen, planen

Um aus ihrer Einsamkeit zu entfliehen, sind die Betroffenen auch selbst gefragt. «Wir motivieren unsere Klienten, die Weihnachtszeit zu strukturieren», erklärt Krsmanovic. Das heisst: im Voraus Beratungstermine machen oder guttuende Aktivitäten planen. «Das können zum Beispiel eine Verabredung mit Bekannten, Gamen, das Anschauen von Filmen, aber auch Zugfahren oder ein Café-Besuch sein.»

Für Klienten, die mit Sucht- oder Suizidproblemen zu kämpfen haben, werden zudem Krisenpläne erarbeitet. «Darin werden Handlungsschritte und Notfallkontakte festgehalten.»

Neben dem Planen empfiehlt Krsmanovic auch öffentliche Weihnachtsfeiern. «Es gibt viele Angebote für Menschen, die an Weihnachten einsam sind. Beispiele sind Veranstaltungen von örtlichen Kirchen oder der Heilsarmee.» Auch Plena Vita organisiert am 20. Dezember eine Weihnachts-Pizza-Party in der reformierten Kirche in Dübendorf.

Predrag Krsmanovic arbeitet jeweils während der Festtage. «Ich finde es schön, dass ich zu dieser Zeit gebraucht werde.» Er betont, dass es während der Weihnachtszeit vor allem um Menschlichkeit geht. Und er wünscht sich mehr Nächstenliebe und Gemeinschaft. «Auch kleine Gesten helfen – nur schon zuhören oder lächeln kann viel bewirken.»

Dieser Artikel wurde auf den Plattformen der Zürcher Oberland Medien AG veröffentlicht und hier mit freundlicher Genehmigung reproduziert.

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