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04.04.2025

Was kostet die Angehörigenpflege?

Die Angehörigenpflege ist in aller Munde und auch diese Tage wieder in den Medien. Meistens nicht positiv. Denn was als sinnvolles Modell für betroffene Personen dienen kann, wird oftmals zur Erzielung hoher Gewinne genutzt. Dies auf Kosten der pflegenden Angehörigen und der Allgemeinheit.

Was kostet die Angehörigenpflege? Als erstes lassen sich Stundenansätze finden. Klassische Spitex-Organisationen sowie spezialisierte Firmen für Angehörigenpflege bezahlen Bruttolöhne von rund 30 bis 38 Franken pro Stunde. Die Einnahmen für nicht-beauftragte Spitex-Organisationen belaufen sich auf 82.90 Franken pro Stunde (davon 52.60 Franken von den Versicherern, Restkosten grösstenteils von den Wohngemeinden), wobei diese auf traditionelle Spitex-Leistungen ausgerichtet sind und auch Weg- und Infrastrukturkosten beinhalten, die so in der Angehörigenpflege nicht anfallen. Der Spitex Verband Kanton Zürich empfiehlt seinen Mitgliedern daher bei der Angehörigenpflege auf die Restkostendeckung der Gemeinden zu verzichten.

Doch was bedeuten diese Zahlen über einen längeren Zeitraum? Bei den nicht-gewinnorientierten Spitex-Organisationen mit Leistungsauftrag der Gemeinden im Kanton Zürich entstehen jährliche Kosten von 9'818 Franken pro Klientin und Klient. Bei den nicht-beauftragten, meist privaten Spitex-Organisationen sind dies 20'227 Franken. Diese Organisationen haben zwar, da sie keine Leistungspflicht haben, eine tiefere Restkostenfinanzierung, dafür aber im Schnitt deutlich längere Einsatzzeiten, so dass sie in der Statistik auf höhere Kosten kommen. Ohne Leistungspflicht nehmen private Spitex-Organisationen vor allem lukrative Fälle an, womit Kurzeinsätze oder weit entfernte Einsatzorte oft durch die Maschen fallen. Im Schnitt werden bei privaten Spitex-Anbietenden viermal mehr Stunden verrechnet. Der Fokus ist auch stärker auf einfachere Pflegeleistungen und mit höherem Anteil an Hilfspersonal ausgerichtet.

Noch weiter auseinander gehen diese Zahlen, wenn man davon auf Angehörigenpflege spezialisierte Firmen mit Spitex-Bewilligung rausklammert. Dann sind es 17'373 Franken bei privaten Spitex-Organisationen, die klassische Spitex-Leistungen mit Mitarbeitenden mit pflegerischem Hintergrund ausüben, und 38'153 Franken pro Klientin und Klient bei Firmen, welche vornehmlich pflegende Angehörige anstellen. Das heisst für jede Anstellung einer pflegenden angehörigen Person durch solche Firmen, die dies massiv bewerben, fallen rund 40’000 Franken zu Lasten der Krankenkasse und der öffentlichen Hand an.

Dieses Firmen sind massiv am Wachsen. Auch der Spitex Verband Kanton Zürich erhält regelmässig Anrufe ausserhalb seines Mitgliederkreises aus dem In- und Ausland, wie man mit der Angehörigenpflege hohe Gewinne erwirtschaften kann – was ja gar nicht das Ziel sein sollte. Bei der Angehörigenpflege geht es darum, die zu pflegenden Personen und die Angehörigen bestmöglich mit Pflege und Hilfe zu Hause und Expertise zu unterstützen, professionell zu begleiten und auch zu entlasten. Scheiden Angehörige aufgrund der Pflege aus der Arbeit aus oder reduzieren das Pensum, ist es angemessen, dass diese Personen entschädigt werden. Aber nicht dass Firmen in der gegenwärtigen Goldgräberstimmung hohe Gewinne erzielen.

Der Versicherungsverband santésuisse beklagte kürzlich den Anstieg der Spitex-Leistungen vor allem mit dem Aufkommen der Angehörigenpflege und dass teils hohe tägliche Stundenzahlen ermittelt werden, 365 Tage pro Jahr, was nicht dem Arbeitsrecht entspricht, an das sich klassische Spitex-Organisationen halten. Das heisst auch, dass diese Personen ausserhalb des Arbeitsgesetz angestellt sind.

Das Wachstum ist derart gross, dass die grösste Firma der Angehörigenpflege im Jahr 2023 nach Leistungsstunden zur zweitgrössten Organisation mit Spitex-Bewilligung im Kanton Zürich gewachsen ist. Diese Organisation hat gemäss der Zahlen des Bundesamts für Statistik bereits im Jahr 2022 einen Gewinn von über 1 Million Franken alleine im Kanton Zürich erwirtschaftet – den höchsten im Kanton. Das waren bei Kosten von 39'500 Franken pro Klientin oder Klient ein Gewinn von 5'273 Franken pro Klientin oder Klient und entspricht einer Rendite von 12 Prozent. Für das vergangene Jahr 2024 dürften diese Zahlen, wenn sie verfügbar werden, noch höher ausfallen. Da für die Grundpflege seit 1. Juli 2024 Leistungen durch Pflegefachpersonen selbst verordnet werden können, könnte dies bei gewinnmaximierenden Organisationen einen weiteren Kostenschub verursachen.

Finanziert werden die Leistungen an die pflegenden Angehörigen, aber auch sonstige Aufwendungen wie zum Teil massive Werbekampagnen und die Rendite durch die Allgemeinheit über die Krankenkassenprämien und Steuern. Bei nicht-beauftragten Spitex-Organisationen wurden im Schnitt 65% der Leistungen durch Versicherer und 31 Prozent durch die öffentliche Hand finanziert. Die restlichen 4% fallen auf die Patientenbeteiligung der zu pflegenden Personen.

Wohin geht es mit der Angehörigenpflege? Das aktuelle auf Gerichtsentscheide basierende Modell steht aufgrund der Situation der gewinnmaximierenden Firmen im politischen Gegenwind mit verschiedenen kantonalen und nationalen parlamentarischen Eingaben. Dabei geht es vor allem um die Kosten, aber auch um die Pflegequalität sowie die Rechte der pflegenden Angehörigen als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Spitex Verband Kanton Zürich begrüsst eine Klärung der Situation.

Link: Informationen zu pflegenden Angehörigen vom Spitex Verband Kanton Zürich

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